Die österreichischen Investoren Barstenstein Holding und grosso holding GmbH retten die Bene AG vor dem finanziellen Abstieg. Der Verkauf sichert den Fortbestand der marktführenden Büromöbelmarke und der Produktion in Waidhofen an der Ybbs.
Belegschaft, Zulieferer, Stammkunden und Aktionäre des Unternehmens feierten zum Wochenende hin die erfolgreiche Lösung einer prekären Situation. Im Bieterprozess hatten sich die Bartenstein Holding aus Lannach und die grosso holding GmbH aus Wien durchgesetzt. Die neuen Mehrheitsgesellschafter wollen die Bene Ag, die noch an der Wiener Börse notiert ist, langfristig in ihrem Beteiligungsportfolio halten. Kleinaktionäre sollen bar ausgezahlt werden.
Die neuen Eigentümer versprechen, frisches Vermögen einzuschießen, ein paar Millionen mehr als vom Restrukturierungsplan 2013 ursprünglich geplant.
Die Bene AG habe sich für Bartenstein und Grossnigg entschieden, weil diese beiden Investoren nachhaltig am Unternehmen, an der Marke, ihrem Zugang zum Markt und auch am Standort Waidhofen mit seinen Produktionskapazitäten interessiert seien, so der Bene-CFO Rudolph Payer im Gespräch mit dem ORF.
Erhard F. Grossnigg, Chef der grosso holding GmbH und erfahrener Sanierer versprach: „Gemeinsam mit dem Management Team und dem umfassenden Know-how der Mitarbeiter werden wir das hohe Entwicklungspotenzial der Bene Gruppe ausschöpfen und die Position von Bene weiter ausbauen.“
Inhaltsverzeichnis
Erleichterung auch an der Börse
An der Börse schlug die Nachricht vom Verkauf deutliche Wellen. Die Bene Aktie verzeichnet rückblickend in der Jahresbilanz von wenigen Plateaus und leichten Anstiegen im Juni und November 2014 abgesehen eine beständige Talfahrt.
Bene Aktien Entwicklung
Der Anfangswert von 0,6 halbierte sich auf 0,3. Seit Bekanntwerden der erfolgreichen Neuaufstellung am Freitag stieg sie bereits leicht. Montag in der Frühe schnellte sie explosionsartig um dreißig Prozent auf 0,475. Bis zum Nachmittag hielt die Aktie des Büromöbelherstellers noch ein leichtes Plus.
Finanzielle Restrukturierung
Das aktuelle Finanzierungsabkommen sieht einen Einschnitt in das Grundvermögen vor. Angelaufene Verluste werden mit dem Eigenkapital des Büromöbelherstellers gedeckt. Im Rahmen der Kapitalherabstufung bewerten die Banken 25 Bestandsaktien nur noch wie zwei. Das Investorenpaar will mehrere Millionen einzahlen ohne Altaktionären ein Anrecht auf neue Aktien einzuräumen. Mit dem Einstieg von Bartenstein und Grossnigg sei die Sanierung von Bene abgeschlossen, sagte Unternehmensvorstand Payer im Dialog mit der Österreichischen Tageszeitung Kurier.
Neue Eigentümerverhältnisse
Nach erfolgreichem Abschluss des Finanzierungspaketes werden die Sanierer voraussichtlich den Löwenanteil an der Bene AG halten. Wie die Beteiligungen zwischen den beiden Treuhandgesellschaften genau verteilt sind, wollte Payer noch nicht bekannt geben.
Laut Eigenbeschreibung des Geschäftszweckes übt Martin Bartenstein eher eine reine Teilhaberfunktion ohne operative Tätigkeit aus, während Erhard Grossnigg sich als verantwortender Manager in der Neuausrichtung von angeschlagenen Unternehmen sieht. Bis zum Jahresende planen die beiden Investoren, Gesellschafter nach Maßgabe der gesetzlichen Vorgaben auszuschließen. Hierfür verpflichteten sie sich zu Abfindungen in Millionenhöhe. Der Anteil der früheren Eigentümerfamilie, die über die Privatstiftung fast die Hälfte an dem Büromöbelhersteller hielt, schwindet durch die Eigenkapitalreduktion auf unter fünf Prozent.
Mit den finanzierenden Geldinstituten vereinbarten Bartenstein und Grossnigg einen substantiellen Erlass der Schulden. Von der Hypo Niederösterreich wird die Bene AG einen Hypothekarkredit erhalten.
Einwilligungen bis Juni erwartet
Noch steht die Zustimmung der Hauptversammlung, der Bankengremien und der Kartellwächter sowie das sogenannte Sanierungsprivileg der Übernahmekommission aus, bevor der Finanzierungsplan in die Tat umgesetzt werden kann. Wie Bene mitteilte, solle der Deal in naher Zukunft abgewickelt werden. Die Deadline ist für Ende Juni angesetzt. Der Hauptteilhaber, die Bene-Privatstiftung, habe bereits im Vorfeld den Verkauf abgesegnet, so Payer zum ORF.
Gewonnene Sicherheit für das Hauptquartier in Waidhofen
„Künftig haben wir eine Eigenkapitalquote von 16 %, der Standort Waidhofen ist somit vorerst gesichert“, teilte Rudolph Payer am Freitag der Austria Presse Agentur mit. Die wiedergewonnene Zahlungsfähigkeit sei eine Voraussetzung um als Unternehmen entsprechend auftreten zu können. In Waidhofen wurde Bene vor zwei und einem Viertel Jahrhundert als Tischlerei auf die Beine gestellt, Mitte des 20. Jahrhunderts in eine Produktionsstätte mit industriellen Fertigungsmaschinen transformiert und nach der Jahrtausendwende in der Größe mehr als vervierfacht. Seit fast dreißig Jahren befindet sich die Verwaltungszentrale in der selben Stadt in einem vom Linzer Architekten Laurids Ortner entworfenen Gebäude.
Rückenstärkung für den Marktführer
Die Statutarstadt an der Ybbs blickt auf eine lange Geschichte der Eisenverarbeitung zurück. Neben Hersteller von Filtern, Türsystemen, Verkehr-, Kipper- und Aufbereitungstechnik zählt der Büromöbelproduzent zu den ortsansässigen Betrieben von überregionaler Relevanz. Wie auch die Leitschienenmontage-Firma Anton Steiner GmbH ist der Möbelbauer ein Waidhofener Unternehmen in führender Position auf dem österreichischen Markt. Dem Bene-Team sei der Rücken gestärkt worden, sagte der Finanzvorstand am Freitagabend, nun könne weiter am Ausbau der Marktposition gearbeitet werden. Payer erwartet für den aktuellen Berechnungszeitraum einen Umsatz von mehr als eineinhalbhundert Millionen.
Der Wiederaufbau war lange geplant
Nachdem der finanziell massiv angeschlagene Konzern aus Niederösterreich vor etwa zwei Jahren den Restrukturierungsprozess begann, wurde mit 50 Investoren verhandelt. Der Büromöbelhersteller befand sich schon länger in der Verlustzone und strebte eine Kehrtwende hin zu einer nachhaltigen Expansion an. Zu den Anstrengungen der Neuaufstellung kam die Belastung durch Wachstumsbemühungen in die Länder Bulgarien, Spanien, Ukraine, Irland, Kuwait und Belgien sowie nach eigenen Angaben Umsatzeinbußen durch eine Strategie, die bene als hochpreisige Premiummarke in einer selektiven Marktsparte verortet, statt aggressiv auf Volumen zu setzen. Im Geschäftsjahr 13/14 notierte die Bilanz ein negatives Eigenkapital.
Die Verschuldung war 2013 stark gestiegen. Bereits im dritten Quartal des selben Jahres einigte sich das Unternehmen mit den Gläubigerbanken auf eine Restrukturierung der Finanzierung, die bis dato wichtigste Etappe zum nun erreichten Ziel. Eine andere Seite des Sanierungsplans bestand darin, Sach- und Personalkosten einzusparen, 260 Mitarbeiter mussten die Firma verlassen. Der Personalstab schrumpfte von 1.350 auf 1.090, insbesondere das Hauptquartier in Waidhofen litt unter dem Belegschaftsabbau. Betroffen waren auch Vertriebsstandorte. Bereits 2009 sparte der Büromöbelhersteller, indem er Arbeitnehmer nur noch zu 80 % forderte und entsprechend geringer bezahlte.
Das Stillhalteabkommen
Die am 29. August 2013 unterzeichnete Vereinbarung verpflichtete die finanzierenden Kreditinstitute, darunter laut Wirtschaftsblatt Raiffeisen und Erste Bank, zu einem Stillhalten bis zum Jahr 2016, zur Verlängerung der bestehenden Kreditlinien, der Refinanzierung der Anleihe in der Höhe eines zweitstelligen Millionenbetrages, die im April 2014 fällig wurde und der Bereitstellung frischen Kapitals. Damals schien die Zukunft der Hauptproduktionsstätte Waidhofen ungewiss.
Über das Unternehmen Bene
Neben der Zentrale an der Ybbs unterhält Bene nationale Geschäftsstellen in Innsbruck, Graz, Bregenz, Klagenfurt, Linz, Salzburg und Wien. Mit rund 82 internationalen Geschäftsstellen hat der Bürospezialist den Weltmarkt weitgehend erschlossen. Der globale Marktanteil des österreichischen Marktführers liegt bei einem Viertel.
Bene ist ein Unternehmen mit langer Tradition, großen Kapazitäten und einer innovativen Ausrichtung. Der Möbelbauer entwirft und produziert Raumkonzepte und Objekte für die Inneneinrichtung von Arbeitsplätzen, Besprechungräumen, Konferenzsälen und abgeschirmte Denkzellen, den sogenannten Docklands. Das Portfolio umfasst Trennwände und Sitzmöbel sowie Lösungen zum Verstauen, Lagern und Sortieren von Unterlagen, Akten, Dokumenten in Schrank, Regal, Caddy und Container.
Quellen:
http://wirtschaftsblatt.at/home/boerse/wien/1386208/Bene-ringt-mit-Banken-um-Stillhalteabkommen
http://www.wallstreet-online.de/nachricht/6351095-bene-ag-bene-bilanz-2012-13-zwischenbericht-erstes-halbjahr-2013-14
http://kurier.at/wirtschaft/unternehmen/bene-setzt-auf-dubai-und-baut-weniger-verlust/86.425.076
http://bene.com/de/bene/bene-investor-relations/investor-news/bene-schliesst-das-erste-jahr-der-restrukturierung-ab/
http://noe.orf.at/news/stories/2702271/
http://www.boerse-express.com/pages/1538804
http://www.efgrossnigg.at/unterneh.html
http://www.firmenabc.at/bartenstein-holding-gmbh_TWc
http://bene.com/de/produkte-raumkonzepte/bueromoebel/sitzmoebel/
http://de.wikipedia.org/wiki/Bene_(Unternehmen)
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